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Montag, 4. Mai 2015

Der Teufel von Hell's Kitchen


Ja, endlich habe ich es auch geschafft: die Daredevil Serie in Gänze zu schauen, bevor die Spoiler- Attacken meiner Mitmenschen die verbliebene Spannung nehmen konnten. Und was soll ich sagen? Nach der etwas heldenarmen Agents of S.H.I.E.L.D. Serie kommt endlich mal ein richtiger Held im Serienformat daher, der zeigt, dass auch Marvel das Serienfach beherrscht.
Dabei hat es der blinde Schurkenschreck in rot nicht einfach. Mit der einstigen Verfilmung
von 2003 mit Ben Affleck in der Hauptrolle wurden die meisten Fans nicht wirklich warm. Auch wenn ich persönlich den Film nicht so schlecht finde, was ich oft genug erwähnt habe, sieht die Mehrheit diesen Filmerguss eher als versemmelten Versuch.
Doch wie steht es mit der Serie? Kann angesichts des komplexen Marvel Cinematic Universe die erhöhte Erwartungshaltung der Zuschauer überhaupt noch zufrieden gestellt werden? Oder wirkt ein roter Teufel im Schatten eines grünen Hulk eher schwächlich und klein?

Bereits nach wenigen Minuten der ersten Episode wird einem klar, dass Daredevil kein leuchtender Held mit flatterndem Cape wird. Gangs, Drogen, Verbrechen und ein maskierter Rächer, der besonders viele Schläge einstecken muss- dass es beim Zusehen schon fast wehtut! Ein düsteres, dreckiges Setting voller Gewalt und Verfall. Und eine Stadt, die mehr Gassen hat, als Gotham City!

Alles beginnt natürlich mit dem Unfall des jungen Matt Murdoch. Durch eine gefährliche Chemikalie verliert der smarte Junge eines Boxers sein Augenlicht. Doch für den verlorenen Sehsinn bekommt der kleine Matt geschärfte Sinne verpasst, die seine "Behinderung" mehr als kompensieren. Mit dem Gehör den Herzschlag anderer Leute zu hören oder Gerüche in noch so feiner Konzentration  wahrnehmen, sind nur einige Tricks des kleinen, dürren Burschen. Und damit der junge Mann nicht auch im Ring die Fäuste sprechen lassen muss, ermutigt ihn der Vater stets, die Hausaufgaben zu erledigen und die Nase in die (Braille-) Bücher zu stecken. Dass es mit dem boxenden Vater kein gutes Ende nimmt, weiß jeder Daredevil Leser bereits...

Nach etlichen Jahren hat es Matt ( Charlie Cox) geschafft, seine eigene Kanzlei in Hells Kitchen zu eröffnen. Zusammen mit Partner Foggy Nelson ( Elden Henson) geht es auf die schwierige Suche nach Klienten.
Schon bald stecken die jungen Anwälte in den wirren Fängen des Wilson Fisk (Vincent D'Onofrio), einem ruchlosen Geschäftsmann mit einer großen Vision. Um die Stadt zu einem vermeintlich besseren Ort zu machen, scheut der pummelige Pate auch die Zusammenarbeit mit finsterem Getier nicht. Doch wo die Gesetze versagen, hilft Matt künftig mit Maske und Kung Fu ein klein wenig nach.
Klar, dass der maskierte Vigilant bald den Weg des mächtigen Strippenziehers kreuzen und einen wahren Unterweltkrieg auslösen wird. Es werden Menschen sterben, Gebäude brennen und Blut fließen.

Daredevil ist nicht der Hochglanz- Held, wie er einst im Kino zu Klängen von Evanescence zu Felde zog. Dieser Teufel hat nichts mit der quietsch bunten Plastik- Popcorn Ästhetik Hollywoods gemein. Hier ist nichts schön, nur effektiv! Hauptdarsteller Charlie Cox ( Der Sternenwanderer) zeigt eindrucksvoll die zwei Seiten des Matt Murdock: Den hilflosen Anwalt mit Herz und den düsteren Kämpfer der Nacht!

In den 13 spannenden Folgen wird der Druck auf alle Figuren stetig erhöht, bis es zur Endladung im alles entscheidenden Showdown kommt. Statt Füllfolgen und inhaltslose Dialoge, sitzt jede Minute perfekt auf der Schiene, die die Handlung zielstrebig voranbringt. Man hat nicht das Gefühl, eine Serie zu schauen, sondern einen düsteren Film mit 12 Werbepausen zu erleben. So müssen Serien aussehen!

Bei der Charakterzeichnung gelang es den Serienschöpfern, mehr als nur Gutes und Böses in die Seelen ihrer Figuren zu pflanzen. Jede Motivation und jede Entscheidung sind plausibel und authentisch gezeichnet.
Der Held begeht Fehler und der Schurke agiert aus der eigenen Not. Nur so lassen sich die Entscheidungen verstehen. Und schlichtes schwarz- weiß- Denken findet hier ebenso wenig Platz, wie künstlerische Kamerafilter und der übliche Kitsch einer Heldengeschichte.
Wer es noch nicht geschafft hat, die 13 Episoden zu schauen, sollte dies bald nachholen, bevor Netflix die zweite Staffel ins Rennen schickt!

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