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Sonntag, 29. Oktober 2017

der kugelsichere Luke



Es wird herbstlich in Deutschland und das Wetter treibt einen in die wärmenden, wohligen Wohnzimmer, bei Kerzenlicht, Pfefferminztee und Netflix. Endlich braucht man kein schlechtes Gewissen zu haben, nicht im Freibad zu liegen oder bei einer Radtour im Wald von Mückenwolken verfolgt zu werden. Also ab auf das Sofa, Kuscheldecke raus und los geht's mit Luke Cage! Als Marvelfan muss man ja quasi schon Netflix haben, sonst wird das mit Jessica Jones, Daredevil und Konsorten nichts.
Nach der kühlen Brünetten und ihrer Aggressionsbewältigung folgt nun der stille, coole Schwarze.
Doch taugt die Serie im Herzen Harlems?

Luke Cage ( Mike Colter) ist ein schweigsamer Beobachter. Wenn Möchtegern Gangster in den Barber Shop von Pop kommen, dann fegt er nur stumm den Laden und lässt die Gauner ihre Mäuler zerreißen. Immerhin muss Luke unter dem Radar bleiben. Denn er darf nicht auffallen. Er wird polizeilich gesucht. Doch Pop ( Frankie Faison) gibt jedem eine zweite Chance, war er doch auch mal auf der falschen Seite des Gesetzes. Doch Harlem ist im Wandel. Gangster Cottonmouth ( Mahershala Ali) versucht die Dinge hier im Viertel auf seine Art zu regeln. Und seine Leute haben die Finger überall drin. Als ein Waffendeal fehlschlägt, bricht ein Krieg zwischen den Gangs aus und Luke Cage ist bald mitten im Bleihagel. Doch macht es dem coolen Typen gar nichts aus. Bis auf zerfledderte Hoodies, die durch Kugeln durchsiebt werden, bleibt er unversehrt. Da er außerdem noch Bärenkräfte hat, macht er sich in Harlem bald einen Namen als destruktive Kraft. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis es Luke auf die Abschussliste von Cottonmouth schafft. Und dann ist niemand mehr im New Yorker Viertel sicher.
Auch die beiden Polizisten Misty Knight (Simone Cook) und Rafael Scarfe ( Frank Whaley) werden bald auf den selbsternannten Vigilanten aufmerksam. Und sie sind mit den Einzelgängermethoden Cages nicht gerade einverstanden, sollten doch sie das Recht und Gesetz vertreten.
So wird der unkaputtbare Cage bald von allen Seiten gejagt. Doch wer soll ihn aufhalten?
Mit von der Partie ist auch Krankenschwester Claire Temple ( Rosario Dawson), die bereits in Daredevil den Protagonisten nach seinen Heldentaten zusammenflicken musste. Hier steht sie auch Luke zur Seite und bildet scheinbar das Bindeglied zwischen den Marvel Netflixserien, kommt sie schließlich auch in Iron Fist vor.

Mit einem warmen Gelbfilter versehen und souligem Soundtrack garniert, ist Luke Cage eine coole Serie, die ganz andere Töne anschlägt, als seine Vorgängerserien. Mike Colter mimt den stillen und coolen Helden auf überzeugende und sympathische Art. Auch die anderen Figuren werden stilsicher dargestellt. Neben den üblichen afro- amerikanischen Klischees bekommt man auch sehr viel Kultur und Politik geboten. Harlem wird als Hochburg der Künstler und Musiker porträtiert, weniger als kriminelles Ghetto. Die Gangster tragen Maßanzüge und süffeln in teuren Nachtclubs Champagner. Das ist zwar auch wieder ein Klischee, wird aber gebraucht, um die Geschichte voranzubringen. In zahlreichen Rückblicken wird auch gezeigt, dass Cornell Stokes, alias Cottonmouth nicht durch und durch böse ist, sondern auch menschliche Züge hat. Bei seinem Boss, Diamondback ( Erik LaRay Harvey) sieht das anders aus. Der Psychopath ist und bleibt einfach total durchgeknallt und hat keine Spur von Reue in sich. Auch Cottonmouths Cousine Mariah Dillard (  Alfre Woodard) ist trotz politischer Ambitionen ein Gangster durch und durch. Mit berechnender Kaltherzigkeit räumt sie alles und jeden aus dem Weg. So bekommt es Luke Cage also mit Gegnern aus allen Reihen zu tun. Korrupte Cops, Gangsterbosse und kriminelle Politiker. Ein schwarz- weiß Weltbild wird hier also nicht geboten. Das normale Gut versus Böse- Denken wird hier in zahlreichen Gelegenheiten aufgebrochen. Bis die Serie allerdings an Fahrt aufnimmt, muss man schon ein paar Folgen durchhalten. Dann ist Luke Cage eine interessante Achterbahnfahrt zwischen Spannung Action und ruhigen Selbstreflektionen.
Wer sich also auf dem Weg zum Netflix Teamup "Defenders" bilden möchte und von Luke Cages Gastauftritten in Jessica Jones bereits Lust auf den coolen Helden bekommen hat, sollte diesen Herbst ruhig mal in Harlem vorbeischauen!